AGBoden:Methode 9.1

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Potenzielle Standorteignung für Erdwärmekollektoren

Abb. 42: Flussplandiagramm dieser Methode


Vor dem Hintergrund umweltpolitischer Programme zur Reduzierung von CO2-Einträgen in die Atmosphäre, der anhaltenden Diskussionen um die geostrategische Sicherung der Brennstoffversorgung und nicht zuletzt wegen steigender Preise für fossile Brennstoffe haben die Ansätze und Verfahren zur Nutzung regenerativer Energien in jüngster Zeit zunehmende Beachtung erfahren.

Ein praxisnaher Ansatz besteht in der Nutzung der geothermischen Energie aus dem oberflächennahen Untergrund. Speziell auch die im Boden (Tiefe bis ca. 2 m) gespeicherte Wärmeenergie kann über Erdkollektorsysteme gewonnen und von Wärmepumpenanlagen für Heizzwecke genutzt werden (Boden-Geothermie).

Neben den Erdwärmekollektoren sind in Deutschland vor allem auch Erdsondensysteme im Einsatz, die über vertikale Bohrungen in Tiefen bis zu ca. 100 m in den Untergrund eingebracht werden.

Als Planungsgrundlage für Fragen der Nutzung von Geothermie werden in Deutschland von den staatlichen geologischen Diensten (SGD) in erster Linie Karten mit Informationen zu Wasserschutzgebieten sowie geologische Übersichtskarten zur Verfügung gestellt. Für die Schweiz z. B. liegen Kartenwerke auf Kantonsebene im Maßstab 1:100.000 vor. Sie zeigen Gebiete, in denen Erdkollektoren bzw. Erdsonden eingesetzt werden dürfen und bieten Informationen zu Grundwasserflurabständen in Lockergesteinen. Gemeinsam ist allen Informationsquellen, dass sie keine Informationen zu den thermischen Eigenschaften der Böden bis in 2 m Tiefe liefern.

Diese Lücke kann durch die Auswertung von Bodenkarten und den zugehörigen Informationen in entsprechenden Datenbanken bzw. Fachinformationssystemen geschlossen werden. Bereits jetzt halten z.B. das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Niedersachsen und das Landesamt für Geologie und Bergbau in Rheinland-Pfalz entsprechende Informationen vor.

Ziel der vorliegenden Methodendokumentation ist es aufzuzeigen, welche Informationen herangezogen werden müssen, um die Eignung des Bodens für die geothermische Nutzung beurteilen zu können sowie Verfahren darzustellen, mit deren Hilfe vorhandene Datenbestände praxisnah und für die Fragestellung Ziel führend genutzt werden können.



QUELLEN

Sekundärquelle:


Primärquellen:

  • DEHNER, U. (2007): Bestimmung der thermischen Eigenschaften von Böden als Grundlage für die Erdwärmenutzung. - Mainzer geowiss. Mitt., 35: 159-186; Mainz.
  • DEHNER, U., MÜLLER, U., SCHNEIDER, J. (2007): Erstellung von Planungsgrundlagen für die Nutzung von Erdwärmekollektoren. - GeoBerichte 5, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie; Hannover.



EINGANGSDATEN

Zur Ableitung der thermischen Leitfähigkeit nach VKR 1.32

für mineralische Feinböden:
  • Bodenart
  • Rohdichte, trocken
  • aktueller Wassergehalt oder Wassergehalt bei Feldkapazität
für Torfe:
  • aktueller Wassergehalt oder Wassergehalt bei Feldkapazität
für Festgesteine:
  • Art des Bodenausgangsgesteins
  • Horizontsymbol
  • Bodenausgangsgestein
  • bei Podsolen: Verfestigungsgrad von B(h,s)-Horizonten


Zur Ableitung der bodenkundlichen Feuchtestufe nach VKR 4.4

  • Bodentyp
zusätzlich:
  • Klimabereich nach VKR 3.10
  • GW-Stufe nach VKR 1.15
  • Bodenart je Horizont
  • effektive Durchwurzelungstiefe We nach VKR 1.1
oder zusätzlich:
  • Klimabereich nach VKR 3.10
  • Bodenart je Horizont
  • effektive Durchwurzelungstiefe We nach VKR 1.1
  • Staunässestufe
oder zusätzlich:
  • Grundnässestufe
oder zusätzlich:



VERKNÜPFUNGSREGELN

1.1, 1.11, 1.15, 1.31, 1.32, 1.33, 1.34, 3.10, 4.1, 4.4



ERLÄUTERUNGEN

Das beschriebene Verfahren erlaubt eine Beurteilung der potenziellen Standorteignung für Erdwärmekollektoren nach drei bodenkundlichen Kriterien. Zwei dieser Kriterien, die bodenkundliche Feuchtestufe sowie die Einstufung des Bodens hinsichtlich der Durchführbarkeit von Erdarbeiten nach DIN 18300, werden herangezogen, um zu trockene oder nur in geringem Maße grabbare Böden als prinzipiell ungeeignete Standorte auszuschließen. Die verbleibenden Standorte werden nach ihren bodenthermischen Eigenschaften in drei Klassen relativer Eignung eingeteilt. Kriterium hierfür ist die spezifische Wärmeentzugsleistung, die ihrerseits aus der thermischen Leitfähigkeit errechnet wird.

Die bodenkundliche Feuchtestufe gemäß VKR 4.4 wurde ursprünglich zur Beurteilung der Eignung eines Standorts für landwirtschaftliche Nutzung unter den derzeitigen Wasserverhältnissen nach den niedersächsischen Klimabedingungen entwickelt. Für Erdwärmekollektoren ungeeignet sind danach nur die beiden Stufen 0 und 1 entsprechend der Bezeichnungen "dürr" und "stark trocken". Diese Kategorie kann im Fall einer grundwasserbedingten bodenkundlichen Feuchtestufe nur an grundwasserfernen Standorten und in Klimabereichen mit einem Defizit der klimatischen Wasserbilanz im Sommerhalbjahr erreicht werden und ist selbst dort auf mittel- bis grobsandige Böden beschränkt.

Zur praktischen Ermittlung der Durchführbarkeit von Erdarbeiten dient die DIN 18300, nach der die anstehenden Sedimente und Gesteine in 7 Bodenklassen eingeteilt werden. Als ungeeignet für Erdwärmekollektoren werden die Klassen 6 und 7 interpretiert, was "leicht lösbarem Fels und vergleichbaren Bodenarten" oder im ungünstigsten Fall "schwer lösbarem Fels" entspricht. Um die Bodeninformationen vorliegender Bodenübersichtskarten für diesen Anwendungszweck nutzbar zu machen, wurden Algorithmen formuliert, die Böden und Festgesteine nach Bodenkundlicher Kartieranleitung (KA 5) ausgewählten Bodenklassen der DIN 18300 zuzuordnen erlauben. Im Ergebnis gelten bestimmte Horizontsymbole, Podsol-Horizonte hoher Verfestigungsgrade, Horizonte hoher Skelettgehalte sowie von unverwittertem Festgestein eingenommenen Cn-Horizonte als ungeeignet im Sinne der Fragestellung. Die in den Bundesländern entwickelten Ansätze können in Details ihrer Zuordnungsregeln differieren.

Wichtigstes Kriterium dieses Verfahrens ist aber der Bodenwärmehaushalt eines Standorts, der nach verschiedenen bodenthermischen Kennwerten klassifiziert werden kann. Für die Ausweisung für Erdkollektoren geeigneter Standorte nach drei Klassen der spezifischen Wärmeentzugsleistung wird als einziger Parameter die thermische Leitfähigkeit λ bei Feldkapazität verwendet. Wärmekapazität oder thermische Diffusivität bleiben unberücksichtigt.

Als Grundregel gilt, dass ein Standort um so positiver eingestuft wird, je höher seine thermische Leitfähigkeit ist. Bei gleichem Wassergehalt weisen Sandböden allgemein höhere λ-Werte auf als Ton-, Schluff- und Lehmböden. Wird die thermische Leitfähigkeit auf die Feldkapazität bzw. mit der Bodenart variierende Wassergehalte bezogen, so werden bodenartabhängige Unterschiede z.T. kompensiert, da Tönböden sich durch deutlich höhere Feldkapazitäten als Sandböden auszeichnen. Zur Bewertung eines Standorts wird dessen Wärmeentzugsleistung in drei Klassen eingeteilt, deren Grenzen direkt mit Schwellenwerten der thermischen Leitfähigkeit korrelieren. λ-Werte von > 1,5 J / s*m*K als Maß guter Standorteignung werden bei Anwendung von VKR 1.32 bei mittlerer Lagerungsdichte von Sandböden bereits bei Wassergehalten von ca. 17 Vol.-% überschritten, von Ton-, Schluff- und Lehmböden selbst bei hohen Wassergehalten von > 40 Vol.-% fast nie erreicht. Am positivsten werden also grobkörnige Standorte häufigen Grund- oder Staunässeeinflusses bewertet. Am anderen Ende der Skala stehen Moorböden, die trotz hoher Wärmekapazität für Erdkollektoren ungeeignet sind, da sie nur minimale thermische Leitfähigkeiten (≈ 0,3 J / s*m*K) aufweisen.



ERGEBNIS

Ordinal skalierter Kennwert (z.B. "wenig geeignet")



MASSSTABSEIGNUNG

Für alle Maßstäbe



EINSCHRÄNKUNGEN

  • Die Anwendung des Modells von KERSTEN (1949) zur Ermittlung der thermischen Leitfähigkeit mit einer Fallunterscheidung in nur zwei Gruppen von Bodenarten oder Substraten bietet keine standortspezifische Einstufung, da bis zu 20 Bodenarten mit identischen bodenthermischen Kennwerten belegt werden.
  • Der Einfluss hoher Grobbodenanteile auf die bodenthermischen Kennwerte bleibt nach der bei DEHNER (2007) bzw. DEHNER et al. (2007) dokumentierten Methodik unberücksichtigt. An Hangstandorten der Mittelgebirge mit skelettreichen Böden werden thermische Leitfähigkeiten und Diffusivitäten tendenziell unterschätzt.
  • Der Verlauf der Funktionsgraphen der thermischen Leitfähigkeit in Abhängigkeit vom Wassergehalt nach dem Modell von KERSTEN (1949) unterscheidet sich deutlich vom Idealverlauf, wie ihn BACHMANN (2005) für ausgewählte Böden beschreibt. Typische thermische Leitfähigkeitsfunktionen zeigen insbesondere bei Sanden im Bereich geringer Wassergehalte einen raschen Anstieg auf λ-Werte > 1,5 J / s*m*K schon bei 5 - 7 Vol.-%, während die λ-Werte nach dem Modell von KERSTEN über das gesamte Wassergehaltsspektrum kontinuierlich ansteigen.
  • Eine alternative Vorgehensweise bieten Modelle wie das von CAMPBELL (1985), das eine Parametrisierung der Leitfähigkeitsfunktion vornimmt. Das Modellkonzept von CAMPBELL spiegelt in seinen Ergebnissen den idealtypischen Verlauf der Zielgröße als Funktion des Wassergehalts besser wider, erlaubt eine standortspezifische Bemessung der bodenthermischen Kennwerte mit individuellen Schätzwerten für jede der 31 Bodenarten des deutschen Korngrößendreiecks und ist auch auf Böden hoher Grobbodengehalte anwendbar.
  • Die Bodenklassen 6 und 7 der DIN 18300 sind aus Bodenkarten generell in nur begrenztem Maße ableitbar, da Kriterien wie die Konsistenzgrenzen bindiger Böden nicht direkt mit Bodenartenangaben korrelieren. Die Zuordnung zu Bodenklassen ist nicht konstant, sondern kann sich aufgrund von Festigkeits- oder Konsistenzveränderungen der Bodenarten ändern.



DATUM

Juni 2010



STATUS

Im Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie zur Erstellung bodenkundlicher Auswertungskarten eingesetzt.



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