AGBoden:Methode 4.7

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Mittlerer jährlicher Gesamtabfluss (GA) nach dem BAGLUVA-Verfahren

Abbildung 39, Teil I
Abbildung 39, Teil II

QUELLEN

Sekundärquelle:


Primärquellen:

  • DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR WASSERWIRTSCHAFT, ABWASSER UND ABFALL (2002): Verdunstung in Bezug zu Landnutzung, Bewuchs und Boden. - ATV-DVWK-Merkblatt M 504; Hennef.
  • BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE (2003): Wasserhaushaltsverfahren zur Berechnung vieljähriger Mittelwerte der tatsächlichen Verdunstung und des Gesamtabflusses. – BfG-Bericht Nr. 1342; Koblenz



EINGANGSDATEN

  • Bodenart
  • Rohdichte, trocken
  • Grundwasserstandsdaten: MNGW;
    alternativ: Tiefenlage der Gr-Obergrenze
  • Art der Landnutzung
  • korrigierter mittlerer Niederschlag im Gesamtjahr
  • korrigierter mittlerer Niederschlag im Sommerhalbjahr
  • mittlere jährliche potentielle Evapotranspiration (ETpot) nach FAO (FAO-Gras-Referenzverdunstung)



VERKNÜPFUNGSREGELN

1.16, 1.29, 1.30, 3.20, 3.21, 3.22, 3.23, 3.24, 3.25, 3.26, 3.27, 3.28, 3.29, 4.13; bei zusätzlicher Schätzung des Umtriebsalters für Laub- und Nadelwald VKR 3.19



ERLÄUTERUNG

Grundlage des Verfahrens ist die von BAGROV entwickelte und von GLUGLA et al. (BFG 2003) modifizierte BAGROV-Beziehung (VKR 3.27), die basierend auf vieljährigen Mittelwerten wesentliche Zusammenhänge zwischen Wasser- und Wärmehaushalt beschreibt. Die tatsächliche Verdunstung ist abhängig von der Wasserverfügbarkeit aus korrigiertem Niederschlag, Beregnung sowie Kapillaraufstieg aus flurnahem Grundwasser, der Energieverfügbarkeit in Form der maximalen Verdunstung sowie den Standortbedingungen, die durch den Effektivitätsparameter n gekennzeichnet werden. Im BAGROV-Diagramm (VKR 3.27) wird der Quotient aus aktueller zu maximaler Evapotranspiration als Funktion des Quotienten aus (korrigiertem) Niederschlag zu maximaler Evapotranspiration graphisch dargestellt. Der Verlauf des Funktionsgraphen variiert in Abhängigkeit vom Effektivitätsparameter n, der den Einfluss der Standortbedingungen bezüglich der zeitlichen und räumlichen Verfügbarkeit des stochastisch verteilten Niederschlags auf die tatsächliche Verdunstung im Interzeptionsspeicher und im Bodenspeicher quantifiziert.

Mit Hilfe des BAGROV-Diagramms (VKR 3.27) und der nachgeschalteten VKR 3.28 kann die mittlere aktuelle Evapotranspiration langjähriger Betrachtungszeiträume bestimmt werden. Die Zielgröße des mittleren jährlichen Gesamtabflusses kann dann abschließend gemäß VKR 3.29 durch Subtraktion der mittleren jährlichen aktuellen Evapotranspiration vom (korrigierten) mittleren jährlichen Niederschlag errechnet werden (s. Flussplandiagramm Teil II in Abb. 39).

Die Algorithmen zur Ableitung der Parameter, die für die Anwendung des BAGROV-Verfahrens benötigt werden, wurden in den vergangenen Jahren mehrfach modifiziert und weiterentwickelt. Die früheren Versionen (GLUGLA, ENDERLEIN & EYRICH 1976, GLUGLA & KÖNIG 1989) waren für die Standortbedingungen der neuen Bundesländer konzipiert und erlaubten zunächst nur eine pauschale Einschätzung des Effektivitätsparameters, die bodenkundliche Standorteigenschaften nur in sehr begrenztem Maße berücksichtigte. Die Version, die in den Merkblättern zur Wasserwirtschaft veröffentlicht wurde (DVWK 1996), erlaubt bereits eine detailliertere Standortbeurteilung, indem in die Ableitung von n auch bodenhydrologische Kennwerte wie die effektive Durchwurzelungstiefe und der Betrag des kapillaren Aufstiegs mit eingehen. Für die Anwendung des BAGROV-Verfahrens auf ganz Deutschland wurden die bisherigen Algorithmen nochmals überprüft und im Rahmen eines DFG-geförderten Forschungsvorhabens weiterentwickelt. Dies betrifft u.a. die Berücksichtigung der Niederschlagskorrektur und der veränderten Standortbedingungen bei Schnee, die landnutzungsabhängige Energieverfügbarkeit in Form der maximalen Verdunstung, die Spezifizierung des Parameters n in Abhängigkeit unterschiedlicher Speichereinflüsse (Interzeption, Boden, …), die Quantifizierung der Verfahrensparameter durch Einbeziehung von Ergebnissen aus umfangreichen Lysimeterbeobachtungen sowie die Anwendung auf Hangstandorte. Das Ergebnis dieser Arbeiten repräsentiert das BAGLUVA-Verfahren, wie es in der vorliegenden Form dokumentiert ist.

Eine dieser Modifikationen bzw. Erweiterungen betrifft die Energieverfügbarkeit, für die im Unterschied zu früheren Versionen nicht nur die potentielle Evapotranspiration, sondern durch Einführung eines landnutzungs- und bodenabhängigen Parameters f die maximale Evapotranspiration herangezogen wird. Grund dieser Erweiterung ist die Tatsache, dass das klimatologisch bedingte Energieangebot in Abhängigkeit von den Standortbedingungen des Bodens und der Vegetation in unterschiedlicher Art und Höhe für die Verdunstung genutzt wird. Die Ermittlung des Parameters f wurde auf der Basis umfangreicher Lysimeterbefunde optimiert.

Die für das BAGLUVA-Verfahren neu entwickelten Algorithmen sind ausschließlich für mehrjährige Berechnungszeiträume konzipiert und setzen auf seiten der klimatischen Eingangsdaten Niederschlag und potentielle Evapotranspiration ebenfalls langfristige Mittelwerte voraus. Die Anwendung der betreffenden Gleichungen und Nomogramme auf kürzere Zeiträume ist nicht zulässig.

Die Arbeiten zur Übertragung des BAGROV-Verfahrens auf die Gesamtfläche Deutschlands basieren auf Ergebnissen von 30 Lysimeterstationen mit Grasbewuchs und 38 Lysimeterstationen mit Bewuchs von einjährigen Kulturpflanzen, die über insgesamt neun Bundesländer verteilt sind. Das Verfahren erhebt daher den Anspruch bundesweiter Gültigkeit. Die abgeleiteten Kennwerte gelten prinzipiell für alle Ausgangssubstrate und Bodentypen ohne regionale Einschränkungen. Als einziger Sonderfall sind Standorte mit "Löss-Schwarzerden" zu behandeln, die bei ausgewählten Verknüpfungsregeln (VKR 1.29, 3.20, 3.24) zu abweichenden Werten führen.

Bodenkundliche Standorteigenschaften werden bei der Ermittlung der verfahrensspezifischen Parameter in unterschiedlichem Detaillierungsgrad abgebildet, und ihre Ableitung erfolgt im Einzelfall nach anderen Algorithmen als beim TUB_BGR-Verfahren (Methode 4.6). So wird die effektive Durchwurzelungstiefe We mit einem anderen, BAGLUVA-spezifischen Algorithmus (VKR 1.29) ermittelt als nach Bodenkundlicher Kartieranleitung bzw. VKR 1.11. VKR 1.29 führt zunächst zu deutlich geringeren Werten als die vergleichbaren Tabellen der Bodenkundlichen Kartieranleitung. Dieser Effekt wird allerdings durch einen nachträglichen Modifikationsfaktor b teilweise kompensiert. In der Bestimmung der mittleren täglichen kapillaren Aufstiegsrate (VKR 1.16) sind BAGLUVA- und TUB_BGR-Verfahren identisch. Bei der Ableitung der mittleren Dauer des kapillaren Aufstiegs besteht wiederum ein Unterschied, da beim BAGLUVA-Verfahren die Zielgröße allein nach der Nutzungsart und bodenunspezifisch ermittelt wird (VKR 1.30), während beim TUB_BGR-Verfahren in die Gleichungen von VKR 1.17 zusätzlich die nFKWe eingeht.

Die Kennwerte We (effektive Durchwurzelungstiefe), f (zur Modifikation der potentiellen Evapotranspiration zur maximalen Evapotranspiration) und n (Effektivitätsparameter der BAGROV-Gleichung) werden beim BAGLUVA-Verfahren als Funktion der Landnutzung und der für den Oberboden typischen Bodenart ermittelt und sind daher in der Abbildung bodenkundlicher Standorteigenschaften weniger standortspezifisch als das TUB_BGR-Verfahren (s. "Einschränkungen").

Bei der Ableitung der Kennwerte We, f und n fungiert an Laub- oder Nadelwaldstandorten zusätzlich das Umtriebsalter des Bestandes als Eingangsdatum. Idealerweise ist diese Größe im jeweiligen Einzelfall bekannt. Die zusätzlich angebotene VKR 3.19 ist nur als Alternative im Fall fehlender Detailinformationen vorgesehen und daher auch nicht im Flussplandiagramm der Methode (Abb. 39, Teil I) enthalten.

Das BAGLUVA-Verfahren in seiner vorliegenden Form wurde für den neuen Hydrologischen Atlas von Deutschland (HAD) angewendet. Ergebnis sind bundesweite Darstellungen der mittleren jährlichen tatsächlichen Verdunstungshöhe sowie der mittleren jährlichen Abflusshöhe in den Atlastafeln 2.13 und 3.5.

Ergebnis des BAGLUVA-Verfahrens ist die Gesamtabflusshöhe, die die Komponenten Oberflächenabfluss, Zwischenabfluss und Grundwasserabfluss mit einschließt. Die Gesamtabflusshöhe wird im mehrjährigen Mittel der Differenz der hydrometeorologischen Größen Niederschlagshöhe und Verdunstungshöhe gleichgesetzt (s.o.). Methode 4.6, das TUB_BGR-Verfahren, hat dagegen die Sickerwasserrate zum Ergebnis, bei der im Unterschied zum Gesamtabfluss von der Niederschlagshöhe zusätzlich der Oberflächenabfluss abzutrennen ist. Im langjährigen Mittel sollte daher die Sickerwasserrate immer ≤ Gesamtabflusshöhe sein. Ein detaillierter Vergleich der Ergebnisse beider Methoden wird mittelfristig von JANKIEWICZ et al. in der Zeitschrift "Hydrologie und Wasserbewirtschaftung" veröffentlicht werden.

Zur Validierung des BAGLUVA-Verfahrens wurde für 32 Einzugsgebiete unterschiedlicher Größe, Landnutzung, Bodeneigenschaften sowie geomorphologischer und klimatischer Bedingungen der einzugsgebietsgemittelte Gesamtabfluss der am entsprechenden Kontrollpegel ermittelten Abflusshöhe gegenüber gestellt. Die Streuung von gemessenen und berechneten Abflusshöhen liegt im Mittel unter 5 % und ist zum Teil durch anthropogene Einflüsse (z.B. Grundwasserentnahme für Trinkwasser und Beregnung) begründet. Die Regression zeigt eine gute Korrelation zwischen gemessenen und berechneten Werten. Insbesondere in Gebieten mit einem hohen Anteil an Ackerland können die berechneten Werte den Abfluss etwas unterschätzen.



ERGEBNIS

Metrisch skalierter Kennwert (z.B. "140 mm/a")



MASSSTABSEIGNUNG

Für alle Maßstäbe



EINSCHRÄNKUNGEN

  • Die Verknüpfungsregeln 1.29, 3.20 und 3.24 zur Ermittlung der Zielgrößen We (effektive Durchwurzelungstiefe), f (zur Modifikation der potentiellen Evapotranspiration zur maximalen Evapo-transpiration) und n (Effektivitätsparameter der BAGROV-Gleichung) differenzieren für alle betrachteten Nutzungsarten in Abhängigkeit von der Bodenart. In den als Quellen zitierten Originalarbeiten geben die Autoren als Kriterium der Fallunterscheidung den Schwellenwert "nFK ≤ / > 16 Vol.-% " an. Diese Vorgabe wurde in den Verknüpfungsregeln 1.29, 3.20 und 3.24 so umgesetzt, dass die Bodenart als einziges Eingangsdatum fungiert. Alle Kennwertberechnungen basieren hinsichtlich der nutzbaren Feldkapazität auf den Schätztabellen der 4. Auflage der Bodenkundlichen Kartieranleitung (VKR 1.11) und der Annahme einer mittleren Trockenrohdichte (1,45 g/cm3 < t < 1,65 g/cm3). Dem Anwender wird dazu empfohlen, die häufigste bzw. charakteristische Bodenart des effektiven Wurzelraums zu verwenden. Die Autoren lösen das Problem horizontweise differierender nFK-Werte, indem die maßgebliche nFK über das We-Tiefenintervall als Mittelwert "über Optimierungsansätze sukzessiv berechnet" wird (BFG 2003). In jedem Fall verbleibt die Einschränkung, dass die Algorithmen des BAGLUVA-Verfahrens – anders als beim TUB_BGR-Verfahren (Methode 4.6) – die Detailinformationen horizontweise beschriebener Bodenprofile nicht in höchstmöglicher vertikaler Differenzierung standortspezifisch abzubilden vermögen.

  • Die Verknüpfungsregeln Verknüpfungsregeln 1.29, 3.20 und 3.24 geben für die Nutzungsart "Acker" in den zugehörigen Tabellen jeweils nur einen Wert an. Diese Werte gelten prinzipiell für alle Ausgangssubstrate und Bodentypen ohne regionale Einschränkungen. Bei Auswertung der dem BAGLUVA-Verfahren zugrunde liegenden Lysimeterbefunde stellte sich jedoch heraus, dass "Löss-Schwarzerden" den einzigen Sonderfall darstellen, auf den die zitierten Standardwerte nicht übertragbar sind. Bei dem Parameter f erscheint diese Einschränkung des Gültigkeitsbereichs vernachlässigbar, bei n und der effektiven Durchwurzelungstiefe allerdings ist zu beachten, dass an Schwarzerde-Standorten mit mehr als doppelt so großen Kennwerten gerechnet werden muss. Diese Sonderregel kann nur pauschal nach dem Bodentyp formuliert werden, ohne sie in Abhängigkeit von Bodenart und Humusgehalt präzisieren zu können.



DATUM

Oktober 2003



STATUS

Angewendet zur Erstellung der Karte 3.5 im neuen Hydrologischen Atlas von Deutschland (HAD). Bisher nicht in Methodenbanken bodenkundlicher Fachinformationssysteme der SGD aufgenommen.



ABBILDUNGEN

Abbildung 39: Flussplandiagramm zur Ableitung des Kennwerts "Mittlerer jährlicher Gesamtabfluss" nach dem BAGLUVA-Verfahren



Weiterführende Literatur

  • BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT (BMU) (Hrsg.) (2003): Hydrologischer Atlas von Deutschland. - 3. Lieferung; Bonn.
  • DEUTSCHER VERBAND FÜR WASSERWIRTSCHAFT UND KULTURBAU (DVWK) (1996): Ermittlung der Verdunstung von Land- und Wasserflächen. - Merkblätter zur Wasserwirtschaft, 238; Bonn.
  • GLUGLA, G., ENDERLEIN, R. & EYRICH, A. (1976): Das Programm RASTER – ein effektives Verfahren zur Berechnung der Grundwasserneubildung im Lockergestein. – Wasserwirtschaft-Wassertechnik, Heft 11/76, 377-382; Ost-Berlin.
  • GLUGLA, G. & KÖNIG, B. (1989): Der mikrorechnergestützte Arbeitsplatz Grundwasserdargebot. – Wasserwirtschaft-Wassertechnik, Heft 8/89, 178-181; Ost-Berlin.
  • GLUGLA, G. & MÜLLER, E. (1997): Grundwasserneubildung als Komponente der Abflussbildung. – Freiburger Schriften zur Hydrologie, 5, 23-35.
  • GLUGLA, G., MÜLLER, E., JANKIEWICZ, P., RACHIMOW, C. & LOJEK, K. (1999): Entwicklung von Verfahren zur Berechnung langjähriger Mittelwerte der flächendifferenzierten Abflussbildung. – Abschlussbericht des DFG-Projekts Gl 242/1-2 "Wasserhaushaltsverfahren". Bundesanstalt für Gewässerkunde, Abteilung Berlin.



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