AGBoden:Methode 4.6

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Mittlere jährliche Sickerwasserrate aus dem Boden (SWRj) nach dem TUB_BGR-Verfahren

Abb. 38: Flussplandiagramm dieser Methode

QUELLEN

Sekundärquelle:


Primärquellen:

  • WESSOLEK, G. & TRINKS, S. (2002): Entwicklung von boden- und nutzungsspezifischen Regressionsgleichungen zur Ermittlung der Grundwasserneubildung, Teil Sickerwasserrate aus dem Boden. - Endbericht zum BGR-Vergabevorhaben, Univ. Berlin, Inst. f. Ökologie, FB Bodenkunde.
  • WESSOLEK, G., DUIJNISVELD, W.H.M. & TRINKS, S. (2003): Die Entwicklung eines neuen Verfahrens zur bundesweit einheitlichen Berechnung der Sickerwasserrate aus dem Boden im Rahmen des Projektes „Hydrologischer Atlas von Deutschland“ (HAD). - Wasser und Boden (In Vorbereitung).



EINGANGSDATEN

  • Bodenart
  • Rohdichte, trocken oder effektive Lagerungsdichte
  • Humusgehalt
  • Horizontsymbol
  • bei Podsolen: Verfestigungsgrad des B(h,s)-Horizonts
  • Grundwasserstandsdaten: MNGW;
    alternativ: Tiefenlage der Gr-Obergrenze
  • Nutzungsart
  • korrigierter mittlerer Niederschlag im Sommerhalbjahr
  • korrigierter mittlerer Niederschlag im Gesamtjahr
  • mittlere jährliche potentielle Evapotranspiration (ETpot) nach FAO (FAO-Gras-Referenzverdunstung); alternativ: detaillierte Klimadaten, die die Ableitung der ETpot nach FAO erlauben



VERKNÜPFUNGSREGELN

1.1, 1.11, 1.16, 1.17, 4.1, 4.3, 4.11, 4.12



ERLÄUTERUNG

Der Ansatz nach dem TUB_BGR-Verfahren schätzt die jährliche Sickerwasserrate aus dem Boden gemäß Verknüpfungsregel 4.12 über einen Satz nutzungsabhängiger Regressionsgleichungen, die Niederschlag, potentielle Evapotranspiration, nutzbare Feldkapazität im effektiven Wurzelraum und Betrag des mittleren kapillaren Aufstiegs als Inputdaten verwenden.

Die für das TUB_BGR-Verfahren neu entwickelten Regressionsgleichungen sind ausschließlich für mehrjährige Berechnungszeiträume konzipiert und setzen auf seiten der klimatischen Eingangsdaten Niederschlag und potentielle Evapotranspiration ebenfalls langfristige Mittelwerte voraus. Die Anwendung der unter Verknüpfungsregel 4.12 aufgeführten Gleichungen auf kürzere Zeiträume ist nicht zulässig.

Das TUB_BGR-Verfahren knüpft konzeptionell an die beiden Methoden 4.1 und 4.2 an und ist in seinen Algorithmen bis auf Verknüpfungsregeln 4.11 und 4.12 identisch. Verknüpfungsregel 4.12 ersetzt mit seinen neu entwickelten Regressionsgleichungen die früheren Verknüpfungsregeln 4.5 von RENGER & STREBEL (1980) sowie 4.6 von RENGER & WESSOLEK (1990).

Der Gültigkeitsbereich der früheren Ansätze wurde durch das Spektrum der Standortbedingungen, die der Ableitung der Regressionsgleichungen zugrunde gelegen haben, definiert. Innerhalb Deutschlands gab es daher für beide zitierten Verfahren drei Gebiete eingeschränkter Übertragbarkeit: Standorte in Ostdeutschland mit einem Defizit der klimatischen Wasserbilanz, Hochlagen der Mittelgebirge mit maximalen Jahresniederschlägen von 800 mm bei landwirtschaftlicher und 1300 mm bei forstwirtschaftlicher Nutzung sowie Standorte in Süddeutschland mit einer höheren potentiellen Evapotranspiration nach HAUDE als von ca. 700 mm/Jahr. Aus den genannten Einschränkungen und Problembereichen geht hervor, dass für eine bundesweite Anwendung eine Weiterentwicklung der Regressionsverfahren notwendig war, um den Gültigkeitsbereich auf folgende Standorte zu erweitern:
- weitere Klimaregionen mit höheren Niederschlägen bzw. höherer potentieller Evapotranspiration,
- geneigte Flächen (Berücksichtigung des Oberflächenabflusses bei ackerbaulicher Nutzung),
- grundwassernahe Böden (bessere Berücksichtigung der kapillaren Nachlieferung aus dem Grundwasser).

Die Regressionsgleichungen zur Ermittlung der Sickerwasserrate aus dem Boden waren noch aus zwei weiteren Gründen zu modifizieren:
- Für Deutschland wurde eine neue, bundesweit einheitliche Verdunstungsberechnung (FAO-Gras-Referenzverdunstung) anstelle der bisher üblichen Haude-Verdunstung vereinbart und im neuen Hydrologischen Atlas von Deutschland (HAD) als Atlastafel 2.12 veröffentlicht.
- Für Deutschland wurde eine neue, bundesweit einheitliche Korrektur der Niederschlagshöhe vereinbart und im neuen HAD als Atlastafel 2.5 veröffentlicht. Diese erfordert ebenfalls eine entsprechende Anpassung der Regressionsgleichungen.

Vor diesem Hintergrund wurden nochmalige Modellrechnungen mit dem Wasserhaushaltsmodell GWNEU (RENGER et al. 1977, RENGER & STREBEL 1982, WESSOLEK 1989) für eine Vielzahl bodenkundlicher und klimatischer Standortvarianten durchgeführt und die Ergebnisse mittlerer jährlicher Sickerwasserraten zur Ableitung verbesserter Regressionsgleichungen und Nomogramme genutzt. Das Spektrum der berücksichtigten Standortvarianten umfasste vier Böden unterschiedlichen Wasserspeichervermögens, sechs Typen von Grundwasseramplituden, sechzehn Klimastationen, die nach ihrer klimatischen Wasserbilanz als repräsentativ für die Klimaregionen Deutschlands angesehen werden dürfen, sowie die Nutzungsarten Acker (mit einer typischen Fruchtfolge aus Getreide und Hackfrüchten), Grünland, Nadel-, Laub- und Mischwald. Die Ergebnisse aller Szenarien wurden mittels multipler Regressionsanalyse ausgewertet und neue Regressionsgleichungen abgeleitet, die den Anspruch erheben, für alle Standortbedingungen der Bundesrepublik Deutschland verlässliche Schätzungen der Sickerwasserrate aus dem Boden zu liefern.

Bei der Anwendung der neuen Gleichungen gemäß Verknüpfungsregel 4.12 wird am Anfang eine Fallunterscheidung nach der Nutzungsart sowie eine Trennung in grundwasserbeeinflusste und grundwasserferne Standorte vorgenommen. Weiteres Unterscheidungskriterium ist die im Sommerhalbjahr für die Pflanzen verfügbare Wassermenge. Als kritische Wasserversorgung der Pflanzen im Sommerhalbjahr gilt für die Summe aus nutzbarer Feldkapazität im effektiven Wurzelraum, Betrag des mittleren kapillaren Aufstiegs und korrigierter Niederschlagshöhe im Sommerhalbjahr (01.04. – 30.09.) ein Grenzwert von 700 mm bei landwirtschaftlicher Nutzung (Acker / Grünland) bzw. von 750 mm bei forstwirtschaftlicher Nutzung.

Das neue TUB_BGR-Verfahren ist somit hinsichtlich der individuell zu berücksichtigenden Standorteigenschaften detaillierter als seine Vorgänger, erfordert aber seitens der bodenkundlichen Parameter die gleichen Eingangsdaten. Das Berechnungsergebnis ist primär von den klimatischen Inputdaten abhängig und wird erst an zweiter Stelle von Nutzungsart und Bodeneigenschaften bestimmt. Insbesondere oberhalb des Schwellenwertes der kritischen Wasserversorgung der Vegetation von 700 bzw. 750 mm tritt der Einfluss der Bodeneigenschaften auf die Höhe der Sickerwasserrate in den Hintergrund. Das Ergebnis in bundesweiter Darstellung zeigt Tafel 4.5 im neuen Hydrologischen Atlas von Deutschland (HAD) (Teil der 3. Lieferung, Erscheinungsjahr 2003).

Mit der Neuentwicklung des vorliegenden Verfahrens sind die Umstellung auf die FAO-Gras-Referenzverdunstung und korrigerte Niederschlagshöhen verwirklicht und bisherige Einschränkungen im regionalen Gültigkeitsbereich des Verfahrens von RENGER & WESSOLEK (1990) beseitigt. Im Unterschied zum früheren Ansatz von RENGER & WESSOLEK bildet das neue Regressionsmodell die nichtlinearen Abhängigkeiten der Sickerwasserrate vom pflanzenverfügbaren Bodenwasser und den klimatischen Einflüssen am jeweiligen Standort deutlich besser ab.

Zur Verifizierung des TUB_BGR-Verfahrens wurde für 106 Einzugsgebiete unterschiedlicher Größe, Landnutzung, Bodeneigenschaften sowie geomorphologischer und klimatischer Bedingungen die einzugsgebietsgemittelte Sickerwasserrate zuzüglich Oberflächenabfluss der am entsprechenden Kontrollpegel ermittelten Abflusshöhe gegenübergestellt. Die Streuung von gemessenen und berechneten Abflusshöhen liegt im Mittel unter 10 % und ist zum Teil durch anthropogene Einflüsse (z.B. Grundwasserentnahme für Trinkwasser und Beregnung) begründet. Die Regression zeigt eine gute Korrelation zwischen gemessenen und berechneten Werten, wobei jedoch im Mittel die gemessenen Werte ca. 8 % unter den berechneten Werten liegen.



ERGEBNIS

Metrisch skalierter Kennwert (z.B. "140 mm/a")



MASSSTABSEIGNUNG

Für alle Maßstäbe



EINSCHRÄNKUNGEN

  • Verknüpfungsregel 4.12 zur Ermittlung der jährlichen Sickerwasserrate aus dem Boden und damit die gesamte Auswertungsmethode besitzt nur Gültigkeit für Hangneigungen < 3,5 %, d.h. bis einschließlich Neigungsstufe 1. Vor Ermittlung der Sickerwasserrate aus dem Boden kann jedoch mit Hilfe eines weiteren empirischen Verfahrens der auf Oberflächenabfluss entfallende Niederschlagsanteil abgeschätzt und vom Inputdatum des mittleren Jahresniederschlags abgetrennt werden. Zu diesem Zweck bietet sich das Curve-Number-Verfahren (USDA-SCS 1972) an, da es eine vielfach erprobte Methode darstellt, die bei der Berechnung des Direktabflusses nach Landnutzung, Boden, Niederschlag und Neigung differenziert. Das Verfahren in seiner vom DVWK (1984) veröffentlichten Form erfordert die interpretative Zuordnung aller Böden zu vier Klassen "hydrologischer Bodentypen", die eine halbquantitative Bewertung des Versickerungsvermögens widerspiegeln. Auf diese Weise kann der mittlere jährliche Oberflächenabfluss berechnet und das TUB_BGR-Verfahren insgesamt auch auf geneigte Flächen angewendet werden.

  • Jede Bilanzierung der Sickerwasserrate aus dem Boden müsste auf der Inputseite auch den Einfluss von Beregnungsmaßnahmen mit berücksichtigen. Im langjährigen Mittel dürfte die Erhöhung der Sickerwasserrate durch Beregnung bei einer guten Beregnungssteuerung – ohne regionale Differenzierung - mit ca. 20 mm/a zu veranschlagen sein.

  • Vorliegende Validierungsergebnisse (Erläuterungstext zur HAD-Tafel 4.5, s.o.) zeigen im Mittel eine geringfügige Überschätzung realer Sickerwasserraten durch das TUB_BGR-Verfahren. Dieser Sachverhalt ist im Rahmen zukünftiger Forschungsvorhaben weiter zu untersuchen.

  • Für die Weiterentwicklung des Berechnungsansatzes ist zu erwarten, dass mit einer weiteren Differenzierung nach Klimaregionen eine höhere Signifikanz der Regressionsgleichungen erreicht werden kann. Außerdem sollte das Konzept des effektiven Wurzelraums in Beziehung zur klimatischen Wasserbilanz gesetzt werden. Diese Aspekte sollen zusammen mit einer verbesserten Berücksichtigung der kapillaren Nachlieferung auf grundwassernahen Standorten in zukünftigen Arbeiten Berücksichtigung finden. Vor allem zur Quantifizierung des kapillaren Aufstiegs sollten zukünftig numerische Modellstudien in Verbindung mit Geländemessungen durchgeführt werden.



DATUM

Januar 2003



STATUS

Im Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung mittelfristig zu programmieren und zur digitalen Erstellung bodenkundlicher Auswertungskarten einzusetzen. Mittelfristig als Bestandteil der MeMaS-Software vorgesehen



ABBILDUNG



Weitere Literatur

  • BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT (BMU) (Hrsg.) (2000): Hydrologischer Atlas von Deutschland. - 1. Lieferung, 107 S.; Bonn.
  • DVWK (1984): Arbeitsanleitung zur Anwendung von Niederschlags-/Abfluss-Modellen in kleinen Einzugsgebieten. - DVWK-Regel 113, Verlag P. Parey.
  • RICHTER, D. (1995): Ergebnisse methodischer Untersuchungen zur Korrektur des systematischen Messfehlers des Hellmann-Niederschlagsmessers. – Berichte des Deutschen Wetterdienstes 194; Offenbach.
  • USDA-SCS (1972): National Engineering Handbook. Section 4: Hydrology.



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