AGBoden:Methode 8.1

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Potentielle Versauerungsgefährdung von Waldböden (PVG), gemessen an "Fichtenökosystem-Reaktionstypen" bzw. am Risiko der Veränderung von Waldökosystemen

Abb. 26: Flussplandiagramm dieser Methode


QUELLEN

Sekundärquelle: AD-HOC-AG BODEN (2000): Methodendokumentation Bodenkunde. Auswertungsmethoden zur Beurteilung der Empfindlichkeit und Belastbarkeit von Böden. – HENNINGS, V. (Koord.), 2. Aufl., Geol. Jb. SG 1; Hannover.

Primärquelle: LENZ, R. (1991): Charakteristika und Belastungen von Waldökosystemen Nordost-Bayerns - eine landschaftsökologische Bewertung auf stoffhaushaltlicher Grundlage. - Berichte des Forschungszentrums Waldökosysteme, Reihe A, Bd. 80; Göttingen.



EINGANGSDATEN

  • Tongehalt
  • Schluffgehalt
  • Humusgehalt
  • pH-Wert
  • Rohdichte, trocken oder effektive Lagerungsdichte
  • Horizontsymbol
  • bei Podsolen: Verfestigungsgrad des B(h,s)-Horizonts
  • geologisches Ausgangsmaterial
  • Exposition
  • Zahl der jährlichen Nebeltage
  • Waldbestandsart



VERKNÜPFUNGSREGELN

1.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 3.17, 6.1, 6.2



ERLÄUTERUNGEN

Das Verfahren von LENZ (1991) beurteilt die potentielle Versauerungsgefährdung von Waldböden nach der langfristig zu kalkulierenden, gemittelten Basenverlustrate aus dem durchwurzelbaren Solum. Die Zielgröße klassifiziert dazu in drei "Fichtenökosystem-Reaktionstypen", die jeweils nach dem Risiko der Ökosystemveränderung untergliedert werden. Die Zielgröße wie auch die Mehrzahl der laut Flußplandiagramm zu ermittelnden Zwischengrößen werden nur ordinal skaliert ausgewiesen.

Das Verfahren von LENZ (1991) versucht eine grobe stoffhaushaltliche Bilanzierung atmogener Einträge von Säurebildnern, indem dem Protonenbelastungsrisiko der Speicher austauschbarer basischer Kationen im durchwurzelbaren Solum gegenübergestellt wird. Maßzahl dieser ordinal skalierten "Bodenqualität" ist die Basensättigung, die vereinfachend als Indikator des aktuellen Versauerungsgrades angesehen wird, jedoch auch als Risiko eines Säurestresses aufgefaßt werden könnte.

Dem von bodenkundlichen Parametern bestimmten Basenspeicher steht auf der anderen Seite der Bilanz das Säurebelastungsrisiko gegenüber, das seinerseits aus Depositionsrisiko und Silikatverwitterungsrate abgeleitet wird. Carbonatreiche Standorte erfahren bei dieser sehr groben und langfristigen Abschätzung erst sehr spät eine stoffhaushaltlich nachteilige Veränderung, da selbst die höchsten Depositionsraten noch unter den ökosystemintern möglichen Umsätzen liegen können. Der Ansatz von LENZ (1991) erlaubt auf der Seite der Belastungsfaktoren hinsichtlich des Depositionsrisikos von Säurebildnern nur eine relative Einstufung. Eine Weiterentwicklung des Verfahrens könnte darin bestehen, absolute Stoffeinträge im Mittel über größere Waldgebiete zu schätzen und mit Hilfe von Verknüpfungsregel 3.17 zu kleinräumig differenzierten Aussagen zu gelangen. Auf diese Weise sollte langfristig eine direkte Übersetzung der (Ökosystem-) Reaktionstypen in Basenverlustraten möglich sein.

Verknüpfungsregel 2.2 berechnet gemäß Flußplandiagramm die Sorptionskapazität je Horizont aus Ton- und Schluffgehalt. Um eine Anwendung der Methode auf die Inhalte der Flächendatenbanken bodenkundlicher Fachinformationssysteme zu ermöglichen, sollte Regel 2.2 so modifiziert werden, daß nur die Bodenart als Eingangsdatum fungiert.

In Abweichung von der Originalarbeit von LENZ werden für Verknüpfungsregel 2.3 ein eventueller Grund- oder Stauwassereinfluß nicht berücksichtigt. Stattdessen führt bei Gleyen die Existenz der Horizontsymbole Go oder Gr bereits über Verknüpfungsregel 1.1 zu einer Verkürzung des durchwurzelbaren Solums.



ERGEBNIS

Ordinal skalierter Kennwert (z.B. "4" = "hoch")



MASSSTABSEIGNUNG

Für kleinmaßstäbige Übersichtsdarstellungen (≤ 1 : 200.000)



EINSCHRÄNKUNGEN

  • Die Gleichung zur Ermittlung der Sorptionskapazität unter Verknüpfungsregel 2.2 besitzt nur dann Gültigkeit, wenn die bodenchemischen Zustandsvariablen sich nahe dem Gleichgewichtszustand befinden. Unter dem Einfluß der sauren Deposition akut versauernde Böden können so weit von diesem Gleichgewichtszustand entfernt sein, daß keine gesicherte Beziehung zwischen pH, AKe/AKt oder Basensättigung besteht. Daher kann die verwendete Formel für den Al-Pufferbereich eine Überschätzung der Sorptionskapazität und damit insgesamt eine Unterschätzung der Versauerungsgefährdung bedeuten.

  • Bei der Ableitung der Basensättigung können sich Fehler in den Ergebnissen der Verknüpfungsregeln 2.2 und 2.4 bei ungünstiger Faktorenkonstellation potenzieren.

  • Verknüpfungsregel 1.1 ist zur Ermittlung der effektiven Durchwurzelungstiefe für einjährige landwirtschaftliche Nutzpflanzen konzipiert. Eine Abschätzung der Versauerungsgefährdung von Waldböden erforderte eine Anpassung des Bemessungsrahmens an die Standortansprüche mitteleuropäischer Laub- und Nadelbäume.

  • Verknüpfungsregel 3.17 nimmt grundsätzlich nur eine Einstufung des kleinräumigen, relativen Depositionsrisikos von Säurebildnern vor, ohne vorhandene Kenntnisse über die großräumige Variabilität absoluter Stoffeinträge in das Modell zu integrieren.

  • Verknüpfungsregel 3.17 klassifiziert das Risiko einer Deposition von Protonen allein nach niederschlagsgebundenen Einträgen und vernachlässigt die trockene Deposition. Ebenso bleibt der Einfluß historischer Nutzungen unberücksichtigt.

  • Die Einstufung geologischer Ausgangsmaterialien nach ihrer Silikatverwitterungsrate (Verknüpfungsregel 2.5) gilt für Lockergesteine (Sand, Kies) nur unter der Voraussetzung, daß die Einzelkomponenten ausschließlich aus Quarz bestehen.

  • Die Zielgröße bewertet das Risiko einer Ökosystemveränderung von Fichtenbeständen und ist auch auf Kieferbestände, nicht aber auf Laubwälder übertragbar.

  • Eine direkte Umsetzung der gemäß Verknüpfungsregel 6.2 ermittelten Reaktions- oder "Beständigkeitstypen" in langfristige Basenverlustraten ist nicht zulässig.

  • Ein Verlust basisch wirkender Kationen unter dem Einfluß saurer Deposition kennzeichnet nur einen Teilprozeß der Bodenversauerung, der für die meisten Waldökosysteme bereits überschritten sein dürfte. An diesen Standorten kann der Bestand an Kationenbasen nicht mehr durch Silikatverwitterung ergänzt, aber auch nicht mehr nennenswert vermindert werden. Bei niedriger Basensättigung und mittlerer oder hoher Protonenbelastung kann sich dennoch mit der Pufferung durch Aluminium-Hydroxide oder Aluminium-Hydroxo-Polymere ein hohes ökologisches Gefährdungspotential ergeben, ohne daß das Verfahren von LENZ (1991) noch eine weitere Differenzierung des Risikos der Ökosystemveränderung erlaubte.

  • Das Verfahren von LENZ (1991) wurde für die geologischen und morphologischen Standortbedingungen der Waldökosysteme Nordost-Bayerns bzw. für ein Kristallingebiet mit präkambrischen und altpaläozoischen Gesteinen entwickelt. Die Algorithmen der Verknüpfungsregeln 3.17 und 6.1 zur Einstufung des Protonendepositions- und -belastungsrisikos bedürfen außerhalb der Mittelgebirge noch einer Überprüfung.



DATUM

März 1993



STATUS

Im Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung testweise zur analogen Erstellung bodenkundlicher Auswertungskarten eingesetzt.



ABBILDUNG




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